Berlin, 7.1.2012 - "Wulff den Schuh zeigen" - Aktion gegen den Bundespräsidenten Christian Wulff vor dem Schloss Bellevue (Fotos und Text: rt)

1 Aktion "Wulff den Schuh zeigen"

2 Solche Bilder hat es seit Bestehen der BRD vor dem Amtssitz des Bundespräsidenten, Schloss Bellevue in Berlin, noch nicht gegeben: Schuhe als Symbol der tiefsten Verachtung.

3 Im Schloss Bellevue wohnt die Selbstgerechtigkeit; Gerechtigkeit ist dort kaum zu finden. Meinungsfreiheit, Pressefreiheit gelten nicht für die unteren Schichten; warum also auch nicht für den Bundespräsidenten?

Die Arroganz der Macht geht davon aus, dass das "Stahlgewitter" bald vorbei sei und "in einem Jahr ist alles vergessen". Einen Lügenbaron, den hatten wir schon und es sollte nachdenklich machen, wenn sich ein Lügenpräsident und ein Lügenblatt die Bälle zuschieben.

Wulff verschanzt sich im Schloss Bellevue und klammert sich an die Würde des Amtes, wie es auch Silvio Berlusconi in Italien tat. Mafia-Seilschaften gibt es halt überall.

4 Wehret den Anfängen! Wartet nicht, bis BILD Euch killt!

Am 13. Dezember 2011 meldete Bild in sensationeller Aufmachung, Wulff habe sich eine halbe Million Euro von Edith Geerkens geliehen, um den Kauf seines Hauses zu finanzieren. Er habe im Landtag nicht die volle Wahrheit gesagt. Das Bundespräsidialamt bestätigte noch am selben Tag, dass sich Wulff 500.000 Euro von der Unternehmersgattin geliehen habe, widersprach aber dem Vorwurf, er habe die Unwahrheit gesagt. Seitdem berichten die Medien immer mehr Einzelheiten über „ein eigenartiges Netzwerk der Gefälligkeiten und Eitelkeiten“ (SZ), das Politiker genauso einschließt wie Unternehmer, Künstler und Wissenschaftler. Eine Schlüsselrolle in dieser Vetternwirtschaft spielt der Milliardär und Gründer des Allgemeinen Wirtschaftsdiensts (AWD), Carsten Maschmeyer, der neben Wulff auch mit Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD) befreundet ist.

Es handelt sich um Gefälligkeiten, wie sie auch bei vielen anderen Politikern üblich sind. Schließlich unterhalten alle etablierten Parteien enge Verbindungen zu Konzernen und Banken und vertreten deren Interessen. Viele Einzelheiten über Wulffs Beziehungen waren zudem bereits vor der Bundespräsidentenwahl im Juni vergangenen Jahres bekannt.

Welche politische Absicht wird mit der Medienkampagne verfolgt? Warum wird nicht, wie sonst üblich, einfach der Mantel des Schweigens über Wulffs Beziehungen gebreitet?

5 Hunderte Demonstranten haben am Wochenende in Berlin mit ungewöhnlichen Mitteln den Rücktritt von Bundespräsident Christian Wulff verlangt. Nach Angaben der Veranstalter kamen zu der Aktion "Wulff den Schuh zeigen" vor dem Schloss Bellevue rund 400 Teilnehmer zusammen, die Polizei schätzte sogar 450.

Auf dem Dach des Schlosses Bellevue wehte derweil die Bundesfahne, ansonsten war im Gebäude nichts vom Schlossgespenst oder seiner Entourage zu sehen.

6 Möglicherweise war diese Katastrophe zuallererst viel banaler und nicht weniger kriminell als eine putschistische Staatsverschwörung: Die BILD-Zeitung beschädigt den Bundespräsidenten aus schnöder Profitsucht und Erpressungskalkül; Bild verleumdet wie immer, um die Auflage und die Verkaufsquote des Schmierenblattes zu erhöhen! Aber BILD ist nicht nur selbst reaktionär, BILD bietet sich selbstverständlich auch geschäftstüchtig Drahtziehern reaktionärer Ziele als Transmissionsriemen und Propagandaorgan an.

Die "Nordwest-Zeitung" kommentiert die Posse: "...Jetzt haben die Zeitungsmacher den Bundespräsidenten in der Hand. Je nach Gefallen können sie nun darüber entscheiden, die auf die Mailbox gesprochenen Worte des Präsidenten doch zu veröffentlichen und damit den obersten Repräsentanten unseres Landes der Lüge zu überführen, oder sie verschonen ihn so lange, wie der Präsident den Wünschen der Redaktion entspricht. Kein Präsident der Bürger, ein Präsident der `Bild´-Zeitung. Ein wahrer Albtraum. Ein Politkrimi ohne Beispiel. Das hat Deutschland nicht verdient. Herr Bundespräsident, erweisen sie ihrem Amt eine letzte Ehre: Treten Sie zurück!"

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14 Die Anti-Wulff-Demonstration war vom Verein „Creative Lobby of Future“ angemeldet worden, sie geht zurück auf die Facebook-Initiative „Wulff den Schuh zeigen“ des Internet-Aktivisten und SPD-Mitglieds Martin Heidingsfelder („VroniPlag“). Anmelder der Demonstration war Jürgen Jänen. In dem sozialen Netzwerk hatten bis kurz vor der Versammlung rund 800 Wulff-Gegner ihre Unterstützung für die Aktion signalisiert. Als Zeichen ihres Protests gegen dessen jüngste Kredit- und Medienaffären hielten sie dem Amtssitz des Bundespräsidenten ihre Schuhe entgegen - eine Geste, die insbesondere im arabischen Raum als drastische Form des Zorns und der Verachtung gilt. Unter den Demonstranten waren auffallend viele Rentner und einige Studenten, aber auch viele Menschen aus der Mitte der Gesellschaft. Alle Alters- und Bevölkerungsschichten waren vertreten.

Gegen den früheren Wirtschafts- und Verteidigungsminister Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg gab es seinerzeit eine ähnliche Aktion mit ca. 400 Teilnehmern unter anderem wegen dessen Plagiatsaffaire.

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17 Pattex-Präsident

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19 Maschmeyer finanzierte 2007 eine teure Anzeigenkampagne, um ein Buch von Christian Wulf mit dem Titel "Besser die Wahrheit" zu vermarkten.

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21 Für Unmut unter den Demonstranten sorgte, dass sich Aktivisten der rechtspopulistischen Partei „Die Freiheit“ mit deutschtümlerischen, antiislamistischen Parolen, einschlägigen Flugblättern und einem großen Transparent unter die Demonstranten mischen wollten, die gegen diese plumpen Versuche der Vereinnahmung mehrheitlich mit "Nazis-Raus"-Rufen reagierten.

22 Aufgrund mehrfacher Proteste von Demonstrationsteilnehmern und den Veranstaltern bei der polizeilichen Einsatzleitung gegen die Anwesenheit der Rassisten in der Kundgebung, wurde den Aktionisten "Der Freiheit" das aktive Verteilen ihrer Flugblätter untersagt. Einen polizeilichen Platzverweis erhielten sie jedoch nicht.

23 Angesichts der Zusammenarbeit zwischen Staats-und Verfassungsschutz mit rechtsradikalen Terror-und Mördergruppen, sollte diese Handhabung nicht verwundern.

24 Die Aktivisten der reaktionären Partei "Die Freiheit" fordern in ihrem Extrablatt-Flugblatt die "Direktwahl des Bundespräsidenten" und die "Erweiterung seiner Kompetenzen auf die Benennung der Richter des Bundesverfassungsgerichts, der obersten Bundesgerichte, der Mitglieder des Bundesrechnungshofes und auf die Prüfung der Rechenschaftsberichte politischer Parteien".

Eine eindeutige Perspektive in Richtung Präsidialdiktatur.

Die Partei "Die Freiheit" wurde am 28.10.2010 in Berlin gegründet durch das Ex-CDU-Mitglied René Stadtkewitz und ist in 11 Bundesländern mit einem Landesverband vertreten.

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26 Auch der Vorsitzende der Pankow-Heinersdorfer "Bürgerinitiative" (Interessengemeinschaft pankow-heinersdorfer Bürger) gegen den Bau der dortigen Moschee war vor Ort, bestückt mit Camcoder und Spiegelreflexkamera... (links im Bild). Zusammen mit dem Pankower Kreisverband der CDU, mit der Partei "Die Freiheit", mit der NPD und weiteren rechtsradikalen Gruppen machen sie seit Jahren vor allem gegen den Islam mobil. Auf einschlägigen Demonstrationen wurde immer wieder "Wir sind das Volk" gegrölt. Das wiederholte sich auch anlässlich der Anti-Wulff-Kundgebung.

Und auch die islamfeindlichen und sozialdarwinistischen Thesen und Publikationen des reaktionären, rassistischen SPD-Politikers Thilo Sarrazin werden von dieser Allianz massiv gefördert.

Anlässlich der Bundespräsidialdebatte bot der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel bereits die enge Zusammenarbeit in Form einer großen Koalition für die Suche nach der Wulff-Nachfolge an.

27 Ordner der Demonstrationsanmelder bildeten eine Kette, um die Rechtspopulisten von der Hauptgruppe der Demonstranten zu trennen.

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29 Ca. 30 Rassisten der rechtspopulistischen Partei "Die Freiheit" wollten die Protestaktion für ihre Zwecke funktionalisieren, konnten von den sich versammelnden Demonstranten aber abgedrängt werden.

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31 Die Medien sind eine mächtige Macht im Staat.Wer mit welcher Absicht die Berichterstattung steuert, sollte im Zusammenhang mit den tiefgreifenden politischen Veränderungen und der rapiden Verschärfung der Wirtschaftskrise betrachtet werden.

Die Chefin des Internationalen Währungsfonds (IWF), Christine Lagarde, verglich die gegenwärtige Gefahrensituation mit der Großen Depression vor dem Zweiten Weltkrieg. Der größte Krisenherd befinde sich derzeit in den Ländern der Euro-Zone.

Die Bundesregierung drängt in Deutschland und Europa auf immer schärfere soziale und politische Angriffe auf die Bevölkerung. Gleichzeitig verliert die Regierung an Einfluss und Geschlossenheit. Ihr Niedergang ist offensichtlich. In dieser Situation wird der Ruf nach einem starken Präsidenten laut. Einflussreiche Teile der herrschenden Klasse hätten gerne einen Bundespräsidenten, der die Beschränkung auf repräsentative Aufgaben überwindet und dem Amt mehr Macht und Einfluss verleiht.

32 Die Sparpolitik der Bundesregierung wird oft mit den Sozialkürzungen der Brüning-Regierung am Ende der Weimarer Republik verglichen. Brünings Notverordnungen stützten sich auf den Reichspräsidenten Paul von Hindenburg, der seine Macht zu einer Präsidialdiktatur ausbaute.

In diesem Zusammenhang ist ein „Acht-Punkte-Plan zum Schuldenabbau“ bemerkenswert, den der ehemalige CDU-Generalsekretär und langjährige sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf im Handelsblatt vorstellte. Er fordert darin einen sehr viel stärkeren Abbau der Schulden, als er von der gegenwärtigen Regierung beschlossen wurde. Der Plan sieht unter anderem vor, dass der Staat neu aufgenommene Schulden innerhalb von drei Jahren zurückzahlen soll, also eine Art verschärfte Schuldenbremse. Außerdem fordern Biedenkopf und seine Mitstreiter die Gründung einer Stiftung mit dem Namen „Deutsche Finanzagentur“, die direkt dem Bundespräsidenten unterstehen soll. Im Handelsblatt ist dazu folgendes zu lesen: „Von entscheidender Bedeutung ist aus Sicht der Autoren, dass der Schuldenabbau unabhängig von den Beschlüssen des Parlaments stattfindet, dass also das Budgetrecht eingeschränkt wird... Aus demokratietheoretischer Sicht mag es schmerzlich sein, das Königsrecht des Parlaments einzuschränken. Aus finanzpolitischer Sicht allerdings scheint ein solcher Schritt geboten." Die Finanzoligarchie fordert also einen starken Präsidenten, der mit größerer Autorität gegenüber der Bevölkerung auftritt.

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35 Die "Welt" fordert Wulffs Rücktritt: "Das Beste, was man über den Bundespräsidenten derzeit sagen könnte, wäre: Ja, Christian Wulff gehört zu Deutschland, zu dem Deutschland der Partygänger und Schnäppchenjäger, dem Deutschland der Eventmanager und Spesenritter, dem Deutschland der Aufsteiger, die voller Bewunderung zu anderen Aufsteigern hinaufschauen, die es noch weiter gebracht haben. "Durch diesen Umgang mit Dingen hat man dem Amt nicht gedient", sagte er in dem Interview mit der ARD und dem ZDF. Stimmt, hat man nicht. Dafür sollte man gehen und nicht in der dritten Person herumreden."

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49 Die eigentliche Demonstration verlief zunächst störungsfrei. Die Polizei hielt sich zunächst zurück und war vor allem bemüht, die Straße vor dem Schloss Bellevue für den Autoverkehr freizuhalten. Zu einer Rangelei kam es erst, als rund 100 Teilnehmer nach dem Ende der Aktion auf die andere Straßenseite direkt vor den Zaun des Schlosses wechseln wollten. Die Polizei untersagte dies nach eigenen Angaben mit Verweis auf den dortigen "Platzmangel". Demonstranten liefen über die Straße und hielten direkt vor dem Zaun von Schloss Bellevue ihre mitgebrachten Schuhe in die Höhe. Eine Polizeikette schützte den Rasen. Als sich dann ein Demonstrant noch einmal ein Megafon griff und Durchsagen machte, wurde er von Polizisten abgedrängt und schließlich zu Boden gestoßen. Er blieb offenbar verletzt am Boden liegen, wurde von Polizisten umstellt. Nach etwa 20 Minuten wurde der ältere Mann von einem Krankenwagen abtransportiert.

50 Die Polizei äußerte eine andere Version des Tatbestands. Als sie die Personalien eines 61-Jährigen feststellen wollte, hätte dieser einem Beamten mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Bei der anschließenden Rangelei zwischen den Demonstranten und den Einsatzkräften "stürzte" der 61-Jährige. Der Mann stellte Anzeige gegen einen der Beamten wegen Körperverletzung im Amt. Die Polizei erließ ihrerseits Strafanzeigen unter anderem wegen Körperverletzung, Landfriedensbruchs, versuchter Gefangenenbefreiung sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.

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